SPD
Ortsverein Eickel
Das Jahr 2006 wird auch das Jahr der Programmdiskussion und der Neuausrichtung werden, sowohl in der SPD NRW als auch in der Bundes-SPD. Wo liegen die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Ziele der SPD-Politik? Sind diese auch für die Menschen zu erkennen?
Sind wir als Partei wählbar? Welche Politik ist für die Menschen wichtig? Sprechen wir die Menschen an? Warum herrscht Politikmüdigkeit? Warum Parteiverdrossenheit?
Dazu bestehen auch Foren auf SPIEGEL-ONLINE
Was wird aus der SPD?
http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=396
Aber ehe wir in die Zukunft blicken, sollten wir uns fragen: Wo kommen wir her?
Die SPD ist die älteste Volkspartei Deutschlands. Ihre Wurzeln reichen bis in die März-Revolution 1848/49 zurück. Vorläufer
der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ist der 1863 in Leipzig von Ferdinand Lasalle gegründete Allgemeine deutsche
Arbeiterverein", der sich 1875 mit der
Sozialdemokratischen Partei" von August Bebel und Wilhelm Liebknecht zur
Sozialistischen
Arbeiterpartei Deutschlands" vereinigt.
Nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes gewinnt die Partei, seit 1890 heißt sie SPD, rasch Einfluss. Der Erste Weltkrieg
treibt die jungen Linken in der Partei in den Widerstand und zur Gründung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei
Deutschlands (USPD), die offen für eine schnelle Beendigung des Krieges eintritt. Nach der militärischen Niederlage arbeiten
die Parteien in weiten Teilen wieder zusammen.
Als mit der Weltwirtschaftskrise die extremen Kräfte erstarken, erleichtert die anhaltende Spaltung der politischen Arbeiterbewegung
- die Kommunistische Partei Deutschlands KPD hat den linken Flügel der USPD an sich gezogen - den Aufstieg von Adolf Hitler.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme, der sich die SPD zu widersetzen suchte, beginnt der Terror gegen die
widerständischen politischen Kräfte.
Nach dem Krieg zwängt die KPD in der Ostzone die Sozialdemokraten in ein Parteibündnis und führt die SED ein. Mit dem
1959 verabschiedeten Godesberger Programm" wandelt sich die SPD im Westen von der reinen Arbeiter- und Weltanschauungspartei
zur linken Volkspartei.
In den 80ern verliert die SPD einen Teil ihrer Jugend an die neuen Grünen. 2005 spaltet sich die Wahlalternative Arbeit
und soziale Gerechtigkeit" ab und schließt sich mit der PDS zur Linkspartei zusammen.
Eine Gesellschaft der Freien und der Gleichen braucht eine Verständigung darüber, wie sie unterschiedliche Interessen zwischen gesellschaftlichen Gruppen und Generationen in Einklang bringt. Es geht bei der Übereinkunft um
Eine neue soziale Übereinkunft muss drei zentrale Elemente umfassen:
Wir wollen
Eine neue soziale Übereinkunft muss drei zentrale Elemente umfassen:
Wir wollen
Wir wollen
Matthias Platzeck setzte erste Thesen zu einem neuen SPD-Grundsatzprogramm. Er wollte damit eine Debatte beschleunigen, die seit Jahren mehr verschleppt denn geführt wird. Zwar besteht kein Zweifel, dass das Berliner Programm von 1989 überholt ist, doch die Neuausrichtung der SPD scheiterte lange Zeit an lebhaften Flügelkämpfen und häufigen Führungswechseln.
Essay des SPD-Vorsitzenden und brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck im SPIEGEL 15/2006, entnommen
aus:
http://www.spd.de/servlet/PB/menu/1053429/f1666469-e1666913.html
Die Vorgänge an der Berliner Rütli-Schule haben die Menschen in Deutschland aufgeschreckt. Plötzlich herrschen Entsetzen
und Besorgnis über die neuen sozialen Spaltungen, die sich keineswegs nur in Berlin-Neukölln, sondern überall in unserer
Gesellschaft auftun. Bei einigen konservativen Politikern haben die Ereignisse sogleich die üblichen gedankenlosen Reflexe
ausgelöst. Vom Wegschließen
, Rausschmeißen
und Abschieben
ist die Rede, ja sogar von der Einweisung Jugendlicher
in den Schnupperknast
.
Das alles hilft uns in Deutschland heute kein Stück weiter. Die richtige Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit werden wir nie und nimmer darin finden, die Spaltung unserer Gesellschaft in Gewinner und Verlierer, in Insider und Outsider nur noch mehr zu vertiefen. Die negativen Folgen von Ausschluss und Ausgrenzung, wie sie uns der Fall der Rütli-Schule beispielhaft vor Augen führt, beseitigen wir gerade nicht durch noch mehr Ausgrenzung der ohnehin Ausgegrenzten. Was unser Land heute zuallerletzt braucht, sind Rezepte, die sich längst als Teil des Problems erwiesen haben.
Wahr ist allerdings, dass uns die Berliner Vorgänge eindringlich zum Umsteuern auffordern. Deutschland ist ein Einwanderungsland, doch die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft und die Integrationsbereitschaft mancher, die nach Deutschland gekommen sind, weisen deutliche Defizite auf. Ausschluss und Selbstausschluss auf ethnischer Grundlage fördern das Auseinanderdriften der Gesellschaft in parallele Kulturen, die voneinander nur noch wenig wissen.
Kein Zweifel also, wir brauchen neue Antworten auf die Fragen der sozialen Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert – und wir Sozialdemokraten werden sie geben. Gerade deshalb wird sich unsere Diskussion über den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht verengt auf die Integrationspolitik und ihre Mängeln beziehen. Die große Debatte, die wir führen müssen, handelt von der solidarischen Erneuerung unserer Gesellschaft insgesamt. Der dynamische Wandel der Wirtschaft verändert unsere Arbeitswelt und unsere Alltag, der demografische Umbruch verändert unsere Gesellschaft, Europa wächst zusammen. Das alles schafft neue Chancen und neue Risiken. Das alles erfordert neue Verständigung und neue Gestaltung, neue Orientierung und neue Sicherheiten.
Verfestigt sich die Spaltung unserer Gesellschaft in Gewinner und Verlierer dauerhaft, dann wird dies uns allen gemeinsam
schaden – und schließlich selbst die vermeintlichen Gewinner in Verlierer verwandeln. Den fundamental veränderten Bedingungen
unserer Zeit wird unser Land deshalb nur durch eine große gemeinschaftliche Anstrengung der Erneuerung gerecht. Deshalb
brauchen wir in Deutschland eine neue Übereinkunft darüber, in welcher Gesellschaft wir im 21. Jahrhunderts gemeinsam
leben wollen. Und wir brauchen die Übereinkunft darüber, unter welchen Bedingungen uns das gelingen kann. Genau an diesem
neuen Gesellschaftsvertrag
über Ziele und Mittel für unsere Gesellschaft fehlt es bis heute in Deutschland.
Uns Sozialdemokraten geht es um die Verständigung über die veränderten Grundlagen unserer Gesellschaft; um die Verständigung über das zeitgemäße Wechselverhältnis von Rechten und Pflichten, von Leistungen und Gegenleistungen, von Geben und Nehmen in unserem Land. Diese neue soziale Übereinkunft muss den Staat, die Bürgerinnen und Bürger, aber auch alle Gemeinschaften, Wirtschaft und Gewerkschaften, Vereine und Verbände einbeziehen. Notwendig ist ein auf gemeinsamen Zugewinn durch Zusammenarbeit ausgerichtetes Selbstverständnis unserer Gesellschaft und aller ihrer Akteure. Über die Inhalte dieser neuen sozialen Übereinkunft für unser Land suchen wir Sozialdemokraten die Debatte mit allen Bürgerinnen und Bürgern. Diese Verständigung wird ein wesentlicher Teil der Diskussion über das neue Grundsatzprogramm der SPD sein.
Der Sozialstaat wie wir ihn bislang kennen, wurde für die Wirklichkeit der national begrenzten Industriegesellschaft geschaffen, in der die Männer das Familieneinkommen erwirtschaften. Dieser Sozialstaat ist in erster Linie auf Transferleistungen ausgerichtet und verfolgt zu sehr nachsorgende Ziele. Er kümmert sich zu wenig darum, Krankheiten und Arbeitslosigkeit, Bildungsmangel, Ausschluss und Armut von vornherein zu verhindern. Er investiert zu wenig in die soziale Infrastruktur und leistet keinen hinreichenden Beitrag, um die aktive Teilhabe der Menschen am Leben der Gesellschaft zu unterstützen. Er fördert die Menschen zu wenig und setzt Fehlanreize. Er ist gemessen an seinen Ergebnissen zu teuer, seine Finanzierungsbasis ist brüchig und ungerecht geworden.
Die neuen sozialen Fragen, vor allem die Bekämpfung von Armut und Ausschluss, lassen sich mit dem Sozialstaat alter Prägung nicht bewältigen. Wir wollen keinen abgemagerten Sozialstaat, sondern einen besseren. Das zentrale Element einer neuen Übereinkunft für Deutschland muss deshalb ein erneuertes und positives Leitbild der sozialen Gerechtigkeit für das 21. Jahrhundert sein. Unser Leitmotiv ist der vorsorgende Sozialstaat, der weitaus stärker als das bisherige Sozialstaatsmodell in die Menschen und ihre Potenziale investiert.
Willy Brandt wusste: Nichts kommt von selbst.
Die erfolgreiche Erneuerung unseres Landes hat Voraussetzungen. Soziale
Gerechtigkeit und größere Lebenschancen für mehr Menschen erreichen wir unter fundamental veränderten Bedingungen nicht
mehr mit den alten Instrumenten. Aus meiner Sicht muss die neue Übereinkunft für Deutschland besonders auf der Einsicht
in zehn zentrale Zusammenhänge gründen:
In unserem Land stecken weit größere produktive Potentiale, als viele glauben. Deshalb müssen wir die Soziale Marktwirtschaft erneuern, statt mit ihr zu brechen. Es ist der Irrtum der Konservativen und Marktradikalen, dass die Menschen in Deutschland den Sozialstaat ablehnen. Das Gegenteil ist richtig. Aber völlig zu Recht erwarten sie einen besseren, einen handlungsfähigen und zupackenden Sozialstaat, der sich an der neuen Wirklichkeit unserer Zeit orientiert, die sie in Beruf und Alltag erleben. Darum müssen wir unseren Sozialstaat erneuern, bevor er von denen einseitig aufgekündigt wird, die meinen, sie könnten ganz auf ihn verzichten.
Der vorsorgende Sozialstaat für das 21. Jahrhundert investiert in die Menschen und ihre Fähigkeiten. Er fördert Beschäftigung, setzt auf Gesundheitsprävention und verhindert Armut. Er gestaltet den demografischen Wandel mit den Betroffenen und er erkennt die existentielle Bedeutung von Bildung für die einzelnen Menschen wie auch für die Zukunft unserer Gesellschaft an. Er ist Partner, nicht Verwalter der Menschen. Er macht Angebote, um ihre Stärken zu entwickeln. Er aktiviert die Menschen, damit sie ihr Leben in eigener Verantwortung gestalten können. Der vorsorgende Sozialstaat ist nicht Wachstumshindernis, sondern wirtschaftliche Produktivkraft; er muss dafür anders, weniger als bislang durch Sozialversicherungsbeiträge finanziert werden.
So weit sind wir in Deutschland noch nicht, die aktuellen Vorfälle in der Rütli-Schule haben das drastisch belegt. Dass es besser geht, machen uns vor allem die nordischen Länder vor. Dem Fatalismus und der Politik der Angst in Deutschland setzen wir Sozialdemokraten deshalb eine wertbegründete Politik der Zuversicht entgegen. Der Weg zu einer neuen Übereinkunft für unsere Gesellschaft ist kartiert – wir müssen ihn nur gehen. So werden wir zugleich die großen Grundwerte der SPD – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – für das 21. Jahrhundert mit neuem Leben erfüllen und die Sozialdemokratie zur aktiven Kraft der Erneuerung in Deutschland machen.
In der WAZ vom 10.04.2006 kommentierte Christina Wandt:
Dazu justiert Platzeck die sozialdemokratischen Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität neu. Als linke Volkspartei
und Partei der solidarischen Mitte
grenzt er die SPD sowohl gegen die unredlichen Freiheitsversprechen
der Neoliberalen
ab als auch gegen die Linkspopulisten
, denen er vorwirft, die Realität nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Platzeck verspricht, die SPD wolle keinen abgemagerten Sozialstaat, sondern einen besseren
. In Abgrenzung von Vater Staat spricht er von einem Staat, der Partner ist und die Menschen nicht verwaltet, sondern aktiviert
, damit sie ein
Leben in eigener Verantwortung
führen können. Leitmotiv müsse der vorsorgende Sozialstaat
sein, der in die Menschen und ihre Potenziale investiere, der Beschäftigung fördere, Bildung groß schreibe, Armut verhindere und auf Gesundheitsprävention
setze. Im Umkehrschluss heißt das freilich, dass diejenigen, die arm, krank oder ungebildet sind, vom Staat künftig weniger zu erwarten haben. Der vorsorgende Staat à la Platzeck ist kein fürsorglicher Staat.
Die neue SPD ist die alte - diese Botschaft verbreitet der künftige Parteichef Kurt Beck in jedes Mikrofon. Platzecks Reformkurs soll fortgesetzt werden.
Die Debatte um das neue SPD-Grundsatzprogramm ist eröffnet. Am 24. April stellte der designierte Parteivorsitzende,
der rheinlandpfälzische Ministerpräsident, Kurt Beck, Leitsätze auf dem Weg zu einem neuen Grundsatzprogramm
vor. Es
gehe darum, die Diskussion zu eröffnen und den Dialog mit den Menschen in Deutschland einzuleiten
, sagte Beck bei der
Auftaktveranstaltung in Berlin und gab erste Diskussions-Impulse.
Die 12.500 Ortsvereine werden in einer Fülle von Veranstaltungen die Antwort auf die Frage suchen, wie unsere Gesellschaft in Zukunft aussehen soll. Wie können die sozialdemokratischen Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität im 21. Jahrhundert in konkrete Politik übersetzt werden? In Werkstattgesprächen, Programm-Foren, Podiumsdiskussionen und Lesekreisen stellt sich die SPD den Fragen, die auch weite Teile der Gesellschaft bewegen.
Unser Fahrplan zum neuen Grundsatzprogramm sieht zwei große Etappen vor.
Im Laufes Jahres 2006 sind die Leitsätze
die Grundlage der Diskussion. Sie dienen dazu, offene Fragen zu klären und
ergänzende Impulse aufzunehmen. Die Ergebnisse sollen bis Ende 2007 in einen Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm münden,
der von der Programmkommission des SPD-Parteivorstands erarbeitet wird.
Zu Beginn des Jahres 2007 wird der Parteivorstand einen Programmentwurf beschließen, der wiederum der Partei und der Öffentlichkeit zur Diskussion vorgelegt wird. Im Herbst 2007 soll der ordentliche Bundesparteitag der SPD das Programm endgültig beschließen.
Rede von Kurt Beck auf der Veranstaltung
Kraft der Erneuerung
Auf dem Weg zu einem neuen Grundsatzprogramm
(Text ca. 124 KB
Kraft der Erneuerung.
Soziale Gerechtigkeit für das 21. Jahrhundert.
Leitsätze auf dem Weg zum neuen Grundsatzprogramm der SPD
(Text ca. 88 KB)