SPD

Ortsverein Eickel

27.01. Gedenken
Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Bürgerinnen und Bürger von Eickel,
der SPD-Ortsverein Eickel lädt seine Mitglieder und die Bürgerinnen und Bürger von Eickel ein, zur Teilnahme am

Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Feierliche Zeremonie am zentralen Shoah-Mahnmal in Herne

Mittwoch, 27. Januar 2016
um 12:00 Uhr

großer Saal
Kulturzentrum Herne
Willi-Pohlmann-Platz 1,
44623 Herne

Gedenken, Begegnungen, Orte

Zentrales Shoah-Mahnmal

Erinnerungskultur der

Stadt Herne

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. An diesem Tag gedenken wir in jedem Jahr der Opfer des Nationalsozialismus. Anlässlich dieses Gedenktages haben wir in den vergangenen Jahren in ganz besonderer Weise auch an die Menschen aus Herne und Wanne-Eickel erinnert, die in Auschwitz ermordet wurden. Seit Januar 2010 trägt ein Stein auf dem Willi-Pohlmann-Platz vor dem Kulturzentrum die Namen aller 400 bekannten jüdischen Opfer aus Herne und Wanne-Eickel. Neben den verschiedenen ganz persönlichen Erinnerungsorten im Stadtbild ist dieses würdevolle und zentrale Mahnmal geschaffen worden, an dem wir auch in Zukunft zusammenkommen wollen, um nicht zu vergessen. So bitte ich Sie zur öffentlichen Gedenkstunde der Stadt Herne.

Zum Programm:

  • Schülerinnen und Schüler des Haranni-Gymnasiums haben sich mit der Biografie von Gerda Günzburger beschäftigt, die 1933 am damaligen Lyzeum Abitur gemacht hat. Ihre folgenden Lebensjahre waren geprägt durch Exil, Widerstand und drohender Deportation. Viele ihrer Familienangehörigen wurden Opfer der Shoah. Eine Herner Geschichte, die exemplarisch für die Verfolgung der Juden zwischen 1933 und 1945 steht.
  • Der beteiligte Leistungskurs Geschichte (Q2, Jahrgangsstufe 12) steht unter Leitung von Frau Elisabeth Staske.
  • Wir freuen uns besonders darüber, dass Familienangehörige und Freunde von Frau Gerda Günzburger an der Veranstaltung teilnehmen werden.
  • Musikalisch werden die Beiträge umrahmt von Schülern der Musikschule Herne.
  • Die Veranstaltung endet etwa gegen 13:00 Uhr mit jüdischen und christlichen Gebeten sowie einer Schweigeminute am Shoah-Mahnmal (Willi-Pohlmann-Platz / vor dem Kulturzentrum). Gesprochen werden die Gebete von: Herrn Aaron Naor (Jüdische Gemeinde Bochum-HerneHattingen), Herrn Dechanten Christian Gröne (Kath. Dekanat Emschertal) und Herrn Superintendenten Reiner Rimkus (Ev. Kirchenkreis Herne).

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie an dieser Veranstaltung teilnehmen könnten.

Freundliche Grüße

Dr. Frank Dudda

Oberbürgermeister

Bis dahin verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Elisabeth Majchrzak-Frensel
  (Ortsvereinsvorsitzende)

Tag des Gedenken
Tag des Gedenken
Tag des Gedenken
Tag des Gedenken
Herner Shoah-Mahnmal bleibt bis 2017 eine Baustelle
WAZ vom 28. Dezember 2015, Redaktion

Die Herstellung einer Glashülle für das nach vier Anschlägen im Jahr 2014 unverhüllte und umzäunte Shoah-Mahnmal nimmt noch längere Zeit in Anspruch. War vor Monaten noch den Gedenktag für die Opfer der Shoah am 27.Januar 2016 für die Fertigstellung ins Auge gefasst worden, so nennt die Verwaltung auf Anfrage nun Januar 2017 als Termin für die endgültige Freigabe des Denkmals.

Dass der 27. Januar 2016 nicht zu halten sein wird, hatte sich bereits vor Monaten abgezeichnet (wir berichteten). Ein komplettes weiteres Jahr veranschlagt die Stadt nun für die Errichtung der Schutzhülle aus Glas, obwohl die Baugenehmigung bereits vorliegt.

Warum wird es trotzdem noch so lange dauern? Für die vom Rat beschlossene Glashülle werden Bauteile verwendet, für die vor ihrem Einbau eine so genannte Zulassung im Einzelfall erforderlich ist, so Stadtsprecher Christoph Hüsken. Dafür sei die obere Baubehörde, also die Bezirksregierung Arnsberg zuständig. Das Verfahren kann erfahrungsgemäß mehrere Monate dauern, so Hüsken. Geplant sei daher nach aktuellem Stand ein Baubeginn im Herbst und eine Fertigstellung vor dem Shoah-Gedenktag im Januar 2017.

Inzwischen steht fest, dass der Gedenkstein mit den 410 Okularen komplett mit Glas ummantelt wird. Das bestätigt Dirk Godau von dem für den Bau zuständigen Architekturbüro Reiser (Bochum) der WAZ. Wie berichtet, hatten sich Wilfried Venne und Gabriele Graffunder - von ihnen stammt der Entwurf fürs Mahnmal - gegen Überlegungen ausgesprochen, die Glashülle in einen Metallrahmen zu fassen. Ein solcher Rahmen wäre zu dominant und würde den Charakter des Mahnmals verändern, so der damalige Einspruch von Wilfried Venne.

Der Künstler sei nach wie vor an den Planungen beteiligt, betont Stadtsprecher Hüsken. Vennes Anmerkungen würden mit dem von der Verwaltung beauftragten Architekten sowie dem Ingenieursbüro abgestimmt.

Anlässlich der Shoah-Gedenkveranstaltung am 27. Januar 2016 will die Stadt die provisorische Einhausung des Mahnmals entfernen, um es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch in diesem Jahr war die Stadt so verfahren. Der Rat der Stadt hat im März die Einhausung des 2010 auf dem Willi-Pohlmann-Plat eingeweihten Shoah-Mahnmals beschlossen. Die Glaskonstruktion soll tagsüber begehbar sein und nachts verschlossen werden.

Vier Anschläge in fünf Monaten

Vier Farbanschläge hatten Unbekannte zwischen Februar und Juli 2014 auf das Shoah-Mahnmal auf dem Willi-Pohlmann-Platz verübt. Zuletzt wurde der Betonstandfuß des Schutzzauns auf das Denkmal geworfen; dabei wurden mehrere Glasokulare zerstört. Anschließend schützte die Stadt das Mahnmal durch eine provisorische Einhausung. Die Staatsanwaltschaft Bochum stellte die Ermittlungen ergebnislos ein. Es gebe keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund, hieß es.

Erinnerung an das Schicksal der Herner Juden
WAZ vom 28. Januar 2016, Martin

Gläubige, Stadtverwaltung und Schüler werfen ein Licht auf das Leben HernerBürger und deren Vernichtung. Veranstaltung am Holocaust-Gedenktag.

Ein blondes Mädchen strahlt von der Leinwand das Publikum im Herner Kulturzentrum an. Es ist die dreijährige Hanneke mit ihren Eltern Gerda und Fritz Günzburger im Jahr 1945. Das Kind und ihre in Herne geborenen Eltern haben den Krieg nach ihrer Flucht in Amsterdam überlebt. Noch bewegender ist jedoch für die weit über 100 Zuhörer: Sie haben den Holocaust überlebt, als Juden und Kommunisten.

Schüler der Geschichts-Leistungskurse des Haranni- und des Pestalozzi-Gymnasiums trugen am Beispiel der Familie Elias/Günzburger aus Herne eindrucksvoll und ergreifend vor, wie es der jüdischen Bevölkerung nach 1933 erging, als der Nationalsozialismus wütete.

Ceren Öztürk (18) las aus dem Tagebuch von Gerda Elias, die Fritz Günzburger heiratete und Hanneke zu Welt brachte. Das Mädchen, inzwischen 74 Jahre alt, saß auf der Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag im Publikum. Ceren Öztürks Mitschüler Alexander Block (17), Jasmin Nielinger (19) und Florian Erk (18) hatten historische Daten und Geschehnisse aufbereitet und schilderten anschaulich, welch grausames Schicksal die jüdische Bevölkerung in Deutschland und Europa erleiden musste. 50 Verwandte von Hanneke, die heute Schmitz heißt, wurden in verschiedenen Konzentrations- und Vernichtungslagern umgebracht.

Ausschließlich für den 27. Januar wurde das Shoah-Denkmal auf dem Berliner Platz freigegeben. Was zeigt, welche Bedeutung die Aufarbeitung der Verbrechen im Nationalsozialismus heute immer noch besitzt. Das Shoah-Mahnmal muss als Erinnerung an den Holocaust noch immer vor Angriffen geschützt werden, darauf wies auch Oberbürgermeister Frank Dudda in seiner Rede hin.

Vernichtungslager Auschwitz Dudda machte deutlich, dass es wichtig sei, die Erinnerung an das Vernichtungslager Auschwitz, das symbolisch für die Shoah stehe, als Ort des Schreckens zu erhalten, da es bald keine Menschen mehr geben werde, die aus eigener Erfahrung davon berichten können. Niemand solle es wagen, die Existenz der Vernichtungslager zu bestreiten und niemand solle leugnen, dass der Völkermord an den Juden stattgefunden habe.

Mit einer Schweigeminute endete die Veranstaltung am Shoah-Denkmal, die 71 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz noch immer politische Brisanz barg. So machte Superintendent Reiner Rimkus vom Evangelischen Kirchenkreis, der neben Aaron Naor von der Jüdischen Gemeinde und Dechant Christian Gröne sprach und betete, deutlich: „Auch wenn wir es nicht wollen, wir sind die Erben unermesslicher Verbrechen.“

Aktuellen Bezug stellt auch Alexander Block von der Geschichtsgruppe her, die sich mit der Biografie von Gerda Günzburger beschäftigt hatte. „Man bekommt angesichts dieser Flucht Herner Juden nach Holland viel mehr Verständnis und Respekt für heutige Flüchtlinge und die Gefahren, die sie zu bestehen haben.“

Zuerst integriert und später aufgrund politischer Wirrungen herausgerissen aus der Heimat: Nichts machte das deutlicher als ein Klassenfoto mit Gerd Günzburger, der Mutter von Hanneke, vor dem Portal des Lyzeums, wie es damals hieß. Heute ist diese Schule das Haranni-Gymnasium.

Geschichtslehrerin Elisabeth Staske und Stadthistoriker Ralf Piorr nahmen die Schüler bei ihrer Reise in ein dunkles Kapitel der Geschichte an die Hand. Denn heute ist vom ehemaligen jüdischen Leben in der Stadt nur wenig zu sehen, in der Regel nur noch in Form von Erinnerungstafeln. Außer dem Shoah-Denkmal auf dem Berliner Platz findet man beispielsweise Tafeln an den Standorten der beiden Synagogen der Stadt an der Ecke Schaeferstraße/Hermann-Löns-Straße in Herne und an der Langekampstraße in Wanne. Beide Synagogen brannten beim Novemberpogrom 1938 ab.

Aufgrund der systematischen Vernichtung der Juden waren sie nach dem Zweiten Weltkrieg in Herne und Wanne-Eickel so gut wie ausgelöscht. Heute gibt es zwar eine Jüdische Gemeinde Bochum/Herne/Hattingen mit insgesamt 1200 Mitgliedern, nur etwa 200 davon wohnen in Herne. 98 Prozent wiederum haben ihre Wurzeln in Osteuropa. Eine Synagoge gibt es nicht, lediglich ein Gemeindebüro.

Musikalisches Gedenken am Shoah-Mahnmal in Herne
WAZ vom 31. Mai 2016,Ute Eickenbusch

Der Mülheimer Klarinettist Markus Emanuel Zaja hat in Herne nach Spuren seiner jüdischen Vorfahren gesucht. Musikalisches Projekt mit Ralf Kaupenjohann.

Es ist ein ungewöhnliches Bild, das sich da am Montagmittag auf dem unbelebten Platz unter grauem Himmel vor dem Kulturzentrum bietet. Ein Klarinettist und ein Akkordeonspieler haben sich vor die Okulare des eigens für sie enthüllten Shoah-Mahnmals gestellt und sie improvisieren. Ein Stück, zwei Stücke, unbeeindruckt vom Parksuchverkehr nebenan auf dem Sparkassenparkplatz, spielen Markus Emanuel Zaja aus Mülheim und der Essener Ralf Kaupenjohann vor dem Gedenkstein, was aus dem Augenblick heraus entsteht. Gerade eben hat sich Markus Zaja die untere Reihe genau angesehen. Da stehen sie, die Zajacs, Herner Juden und seine Vorfahren, Opfer der Verfolgung.

Musikalisches Gedenken

„Wir machen eine Art musikalisches Gedenken“, erklärt Kaupenjohann einem Passanten, der wissen will, was da geschieht. „Mijn Levensreis“ haben die Musiker das Projekt genannt, das eine familiäre Spurensuche des Klarinettisten Zaja künstlerisch aufgreift. Der Dokumentarfilmer Tom Briele begleitet sie mit der Kamera.

Dem Auftritt voraus ging gestern morgen ein Besuch im Herner Stadtarchiv. Zaja, der erst seit vier Jahren von seinen jüdischen Wurzeln weiß, hatte von der Herner Verwandtschaftslinie erfahren und sich nun persönlich angekündigt, um im Archiv das Material durchzusehen, das ihm Stadtarchivar Jürgen Hagen und der Historiker Ralf Piorr zusammengestellt hatten: Akten, Zeitungen, Adressbücher, Deportationslisten. Zajas Vorfahren - mal mit c geschrieben, mal ohne oder noch ganz anders - haben als „Ostjuden“ aus Polen und Galizien Ende des 19. Jahrhunderts Arbeit im Bergbau gesucht, berichtet der Musiker nach seinen Recherchen. Einige seien dann, wie David Zajac, aufgestiegen - abzulesen an der späteren Adresse Viktor-Reuter-Straße. Er starb. Nur Isaac habe sich nach London retten können, erfuhr er gestern, während seine Frau und sein Sohn 1942 in Riga ermordet wurden.

„Die Mutter meiner Mutter war jüdisch“, erzählt Markus Emanuel Zaja. „Aber es war ein Familiengeheimnis, dass es Verwandte gab, die ermordet wurden.“ Nachdem Zaja spät davon Kenntnis erhalten hatte, forschte er zunächst in digitalen Archiven, reiste aber auch zu realen Orten, etwa nach Wien. Polen, Herne, Kroatien, New York, Wien und Chicago sind Stationen der künstlerisch-biografischen Reise, die allerdings zum größten Teil noch vor dem Duo liegt, dessen Name Kzrme zwar polnisch klingt, sich aber schlicht aus den Anfangsbuchstaben der Nach- und Vornamen zusammensetzt.

Zu erfahren, woher er kommt, ist Zajas Motor: Wer nicht wisse, was vor einem gewesen sei, zitiert er Cicero, „bleibt immer ein Kind“. Deshalb sei auch das Shoah-Mahnmal für ihn ein Weg zu sagen, was gewesen ist, „in würdevoller Weise“. Theoretisch - denn nach vier Anschlägen bleibt das Mahnmal bekanntlich bis zum nächsten Jahr abgesperrt. „Wir sind alle Migranten“, sagt Markus Emanuel Zaja und schlägt damit die Brücke vom Gestern zum Heute. Sein Statement für ein freundliches Miteinander.

Markus Emanuel Zaja (*1964) hat Musikwissenschaften in Göttingen und später Klarinette bei Theo Jörgensmann und Perry Robinson studiert. Er ist Komponist, Improvisator und Dozent.

Ralf Kaupenjohann (* 1958) studierte Akkordeon in Dortmund und spielte u.a. mit Eckard Koltermann. Er ist Theater-, Opern- und Bandmusiker.