SPD
Ortsverein Eickel
Gedenktag für rassistisch Verfolgte
Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Bürgerinnen und Bürger von Eickel,
der SPD-Ortsverein Eickel lädt seine Mitglieder und die Bürgerinnen und Bürger von Eickel
zur Teilnahme an dem
Mit der Niederlegungen von Kränzen an den Gedenksteinen für die ehemaligen Synagogen in Herne (Hermann-Löns-Straße
/ Schaeferstraße) und in Wanne-Eickel (im Sportpark / Hauptstraße) gedenkt Oberbürgermeister Wolfgang Becker wie schon
in den Vorjahren der aus rassistischen Gründen Verfolgten des Nationalsozialismus.
Wolfgang Becker: 1.689 Tage lang wurden dort Menschen gequält, gefoltert, 1,5 Millionen von ihnen umgebracht.
Das Gedenken
müsse einhergehen mit dem inneren Versprechen, dafür Sorge zu tragen, dass es nie wieder geschieht
.
Dieser Tag war von Alt-Bundespräsident Roman Herzog anlässlich der 50. Wiederkehr der Befreiung von Auschwitz zum nationalen Gedenktag ausgerufen worden. Die Herner und Hernerinnen sind herzlich eingeladen, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.
Die Synagogen in Herne und Wanne-Eickel wurden in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstört.
Während 1930 die jüdische Gemeinde Herne noch 474 und in Wanne-Eickel noch 316 Mitglieder umfasste, lebten 1939 in
Herne nur noch 136 und in Wanne-Eickel 57 jüdische Mitglieder. An die Verfolgung der Juden erinnerte die Stadt mit einer
großen Ausstellung im April 1987 mit dem Titel Sie werden nicht vergessen sein". Zuvor hatte das Stadtarchiv im November
1980 eine kleinere Ausstellung
Verfolgung in Herne" zusammengestellt.
Im Frühjahr 1992 und im Herbst 1994 besuchten ehemalige jüdische Bürger ihre Heimat Herne und Wanne-Eickel. Auf Einladung des damals amtierenden Oberbürgermeisters Willi Pohlmann hielten sie sich eine Woche lang in ihrer ehemaligen Heimatstadt auf.
Bis dahin verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Majchrzak-Frensel
(Ortsvereinsvorsitzende)
Lastwagen holten 41 Menschen
vor dem "Judenhaus" ab
WAZ vom 28. Januar 2002, Ute Eickenbuschs
Vor 60 Jahren wurden die ersten Juden deportiert.
Alles hatte seine Ordnung. 41 Namen standen auf der Liste, alle abgehakt. Männer, Frauen und Kinder, "zum Osten abgeschoben",
wie es nüchtern im Amtsdeutsch heißt. 60 Jahre sind vergangen seit der ersten Deportationen von Herner Juden nach Riga.
Der Historiker Ralf Piorr hat die Ereignisse um den 23. Januar 1942 rekonstruiert. Zwei Jahre lang hat Piorr, mit einem ABM-Vertrag bei der Volkshochschule angestellt, die Geschichte der Juden in Herne und Wanne-Eickel erforscht, Gedenkstätten besucht, in Archiven Akten gesichtet und mit Zeitzeugen gesprochen, in Deutschland und den USA. Ein Buch ist in Vorbereitung.
Zur Deportation im Januar 1942 hat Ralf Piorr bisher unbekanntes Material gefunden, das es erlaubt, sich eine recht genaue Vorstellung vom Ablauf zu machen. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Herne, Sally Neugarten, war es, der die Familien benachrichtigen musste, dass sie evakuiert werden sollten, "um zum Arbeitseinsatz im Osten verwandt zu werden". Er hatte die Namensliste in Bochum von der Gestapo abgeholt. Als Funktionsträger blieb Neugarten selbst vorerst verschont.
Die Familien versammelten sich am frühen Morgen des 23. Januar mit Kleidersäcken und Koffern am "Judenhaus" an der Bahnhofstraße 57/59 / Ecke Kampstraße. Es stand ungefähr da, wo heute die Galerie auf dem Robert-Brauner-Platz gegenüber Hettlage & Fischer ausläuft. Eine ganze Reihe von jüdischen Familien war seit 1939 in das Haus zwangseingewiesen worden, weitere "Judenhäuser" standen an der Kampstraße 14 und an der Bahnhofstraße 53. In Wanne-Eickel waren sie im alten "Armenhaus" Auf der Wilbe 31 in Röhlinghausen und an der Emscherstraße 142 untergebracht.
An jenem Wintertag wurden die 41 ausgesuchten Personen zunächst mit Lastwagen nach Dortmund transportiert, wo sie auf dem Viehhof zusammengezogen und dann in den Börsensaal gebracht wurden. Dort warteten sie auf dem kalten Steinboden, ohne etwas zu essen und zu trinken, wie sich Jenny Dresen, die Nichte Sally Neugartens, erinnert. Sie stand nicht auf der Liste, hatte sich aber sofort auf den Weg gemacht, um die anderen vor ihrer Abreise zu betreuen.
Am 27. Januar verließ der Transport Dortmund - es war der erste und größte aus dem nördlichen Ruhrgebiet, mit 1300 jüdischen Personen. Zwei weitere große folgten im selben Jahr: am 1. Mai ins polnische Zamosc und am 30. Juli nach Theresienstadt. Mit den drei Deportationen war das "Judenproblem" für die Revierstädte beinahe gelöst. Ralf Piorr zitiert eine Mitteilung des Bochumer Polizeipräsidenten an das Herner Polizeirevier vom Januar 1943: "Die geforderte Meldung über die Anzahl der im Revierbereich vorhandenen Juden braucht fortan nicht mehr erstattet werden." Im Klartext: Es gab kaum noch jüdische Menschen. Sally Neugarten und seine Frau Frieda wurden als letzte Repräsentanten der jüdischen Gemeinde am 28. Februar 1943 mit dem Transport "Judenfrei Reich" nach Auschwitz deportiert, wo sie umkamen.
"Die Vernichtung im Osten war Geheimsache", stellt Ralf Piorr nach Abschluss seiner Recherchen fest. "Aber was hier passierte, geschah in aller Öffentlichkeit." Die jüdischen Familien waren immer unsichtbarer geworden. Das jüdische Eigentum galt seit 1938 nur noch als Beute. Ralf Piorr weiß beispielsweise von Jeanette Hecht, einer nach Riga deportierten Tochter aus wohlhabendem Wanne-Eickeler Hause, dass sich nach Verhaftung und Ermordung des Vaters die SA in der Wohnung bediente. Als nach der Deportation das Finanzamt kam, um verbleibende Werte mitzunehmen, war fast alles leer geräumt. Die Finanzämter beschlagnahmten und verwerteten den zurückgelassenen Hausrat.
Beteiligt an der allmählichen Entrechtung der Juden waren aber nach Piorrs Erkenntnissen auch andere. Das Wohnungsamt nahm die Zwangseinweisungen vor, die Polizisten des 20. Reviers überwachten die jüdische Bevölkerung. Geschäftsleute, Verwaltung und Parteifunktionäre nutzten ihren Vorteil.
400 jüdische Menschen aus Herne und Wanne-Eickel haben durch den Holocaust ihr Leben verloren. Von den 41, die am 23. Januar, in Richtung Riga aufbrachen, überlebten nur zwölf.